10.01.2013
Über die Notwendigkeit konkreter Forderungen!
Der Gouverneursrat der EOZB hat über den Jahreswechsel Inhalt und Effekt der Aktionen im abgelaufenen Geschäftsjahr beleuchtet. Dazu abschließend kommen wir nicht umhin einige wesentliche Feststellungen zu treffen. Anscheinend ist es nicht ausreichend Probleme bzw. Problembereiche zu thematisieren. Möglicherweise sind die jeweiligen Entscheidungsstrukturen nicht an einer positiven und transparent ausgestalteten Veränderung interessiert, sei es aus Interesse an Machterhalt oder aus einem, wie auch immer begründeten Scheuklappen-Bewusstsein heraus. Im günstigsten Fall liegt es an den verkrusteten und eingefahrenen Handlungsabläufen innerhalb der jeweils angesprochenen Institutionen und der tendenziellen Unwilligkeit kritische Ansichten konstruktiv einfließen zu lassen.
Aus diesem Grund hat der Gouverneursrat der EOZB beschlossen ab sofort mit konkreten Forderungen an die Öffentlichkeit zu treten. In Kenntnis davon, dass die EZB, die EU Kommission, das EU-Parlament, nationale Regierungen oder andere Entscheidungsträger einzeln oder im Verbund für die Durchsetzung von Veränderungen zuständig sind, zielen unsere Forderungen hauptsächlich auf die Strukturen von EZB, Finanzmarkt und dem dazugehörigen politischen Umfeld.
Um die Vielzahl der möglichen Forderungen auf ein erträgliches Maß einzudampfen, diente als Entscheidungsgrundlage der Maßstab, dass die Erfüllung einzelner Forderungen entweder das Vertrauen der BürgerInnen in die kontrollierenden Strukturen nachhaltig verbessern soll oder aber dem Gemeinwohl dienende positive Veränderungen im Finanzsektor als Ergebnis haben, idealerweise natürlich beide Effekte unterstützen sollte.
Forderung No.1: Bürgermitbestimmung in der EZB!
Schon gleich bei dieser Forderung können wir den Aufschrei der Systembewahrer hören: „Wie soll das gehen? Die BürgerInnen haben doch gar keinen Überblick über die Notwendigkeiten im Finanzmarkt.“ Dieses Argument ist rein statistisch betrachtet sicher richtig, negiert aber nicht die grundsätzliche Richtigkeit der Forderung. Vielmehr zeigt es ein Informations- und Interessen-problem auf.
Die EZB ist im Besitz aller Euro-Zone-StaatsbürgerInnen und in einem demokratischen System sollte die Möglichkeit zur Mitbestimmung zu den grundlegendsten Ansprüchen gehören. Eine solche Einflussnahme der BürgerInnen kann sich sicher nicht auf alle Bereiche des operativen Tagesgeschäfts erstrecken, sollte aber zumindest grundlegende Richtungsentscheidungen umfassen.
Die Entscheidungsträger sollten möglichst kurzfristig eine transparent arbeitende Kommission einsetzen, die in einem ersten Schritt erarbeitet welche EZB-Entscheidungen eine demokratische Mitentscheidung vertragen. In einem zweiten Schritt wird dann analysiert welches Informationsdefizit innerhalb der Bevölkerung eine verantwortliche Wahrnehmung dieser demokratischen Rechte behindert und wie dort Abhilfe geschaffen kann.
Nur so kann zumindest der Wille zur Demokratie glaubhaft der Öffentlichkeit demonstriert werden.
Forderung No.2: Offenlegung aller Geschäfte der EZB!
Um den legitimen Ansprüchen der Besitzer Genüge zu tun, fordern wir die EZB auf umgehend sämtliche getätigten Geschäfte offenzulegen. Dieses gilt sowohl für vergangene als auch für zukünftige Aktivitäten. Insbesondere gilt dies für die Art und Höhe der hereingenommenen Sicherheiten und einer möglichen Differenz zwischen Buchwert und aktuellem Marktwert.
Da die StaatsbürgerInnen der Euro-Zone letztendlich das kaufmännische Risiko der EZB tragen, besteht allein aus diesem Grund heraus ein berechtigtes Interesse die Kreditnahme jeder einzelnen Geschäftsbank nachvollziehen zu können. Hierbei ist es auch von besonderem Interesse, dass die Herkunft, Laufzeit und der Zinssatz von als Sicherheit herein gegebenen Staatsanleihen auch den einzelnen Banken zugeordnet werden kann. Ergibt sich doch aus der Zinsdifferenz zum Leitzins die Höhe der risikolos auf Kosten der Allgemeinheit erwirtschafteten Gewinne in diesem Sektor. Die Berufung auf Datenschutz und Betriebsgeheimnisse von Geschäftsbanken ist solange nicht hinnehmbar, wie die Allgemeinheit als letztendlich Haftender der EZB in den Verträgen steht.
Die einzige akzeptable Einschränkung betrifft Interventionen zur Stabilisierung einzelner Bereiche im Finanzmarkt. Es ist uns bewusst, dass hier eine sofortige Offenlegung Bemühungen der EZB möglicherweise konterkarieren könnte. Aus diesem Grund halten wir
eine Sperrfrist zur Veröffentlichung von maximal vier Wochen für vertretbar.
Forderung No.3: Goldreservenlagerung in der Euro-Zone!
Unabhängig davon, dass die weltweiten Goldreserven nur einen Bruchteil der weltweit umlaufenden Geldmenge ausmachen, ist es zumindest derzeit auch vom Finanzmarkt und unseren Regierungen unbestritten, dass diese Rücklagen im Falle einer internationalen Krise zumindest einen kleinen Notgroschen bilden. Wir fordern, dass die Goldreserven der Euro-Teilnehmerländer in vollem Umfang auf dem jeweiligen Staatsgebiet eingelagert werden. Bei Ländern, die Hilfen des Euro-Gebietes (z. B. vom ESM) in Anspruch nehmen sollten diese Reserven bei der EZB eingelagert werden.
An einem Beispiel deutscher Goldreserven, welches mit gewissen Abstrichen auch für die Reserven der anderen Euro-Teilnehmer-länder gilt, wollen wir hier einige Argumente zur Unterstützung unserer Forderung herausstreichen.
Etwa 45 % der deutschen Goldreserven lagert in den USA. Ein Ort der in den Medien und in der Öffentlichkeit zunächst als sicher gilt. Beleuchten wir ein wenig den politischen Handlungs-rahmen dieser Staatsmacht, so stellt es sich diese Sicherheit als relativ problematisch heraus. Die USA sind bereit und auch dazu in der Lage durch vorsätzliches Belügen der Weltöffentlichkeit einen, wie auch immer motivierten Angriffskrieg (z. B. Irak) zu führen. Mit Blick auf Guantanamo und Abu Ghraib stellen wir fest, dass im Einflussbereich der amerikanischen Regierung Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte schamlos mit Füßen getreten werden. Ein Land, welches die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag für seine eigenen Bürger ablehnt und so unverfroren ist ohne UN-Mandat militärisch organisierte Morde auf fremden Staatsgebieten (z. B. Drohen-Angriffe in Pakistan) durch-zuführen ist sicher nicht die Vertrauenswürdigkeit in Person.
Angenommenen es würde eine globale Krise eintreten und Deutschland müsste auf seine Goldreserven in der USA zurückgreifen. Was dann? Wer glaubt, dass in einer solchen Situation diese Reserven auch ausgehändigt werden, der glaubt auch das „Zitronenfalter Zitronen falten“. Die angeführten Argumente meinen aber keinesfalls, dass fast alle anderen Staatsmächte grundsätzlich anständiger handeln würden.
Forderung No.4: Keine Mengentender-Kredite durch die EZB!
Ohne an dieser Stelle die Frage zu behandeln, ob die Kreditvergabe durch die EZB an Geschäftsbanken oder an Staatsbanken erfolgen sollte, orientiert sich diese Forderung an der aktuellen Rechtslage. Wir fordern die sofortige Einstellung von Mengentender-Krediten und die Rückkehr zum Zinstender-Verfahren.
Seit Einführung des Euro war es gängige Praxis, dass die EZB mit den Mitteln der freien Marktwirtschaft Kredite an private Geschäftsbanken vergibt. Einmal pro Woche gab es eine Auktion für die Kreditvergabe. Der sogenannte Leitzins war der Mindest-bietungszinssatz. Die Laufzeit dieser Kredite war immer eine Woche. Die Banken, die das höchste Zinsgebot abgaben erhielten den Zuschlag. Das bedeutet, dass bei höheren Zinsen am freien Kapitalmarkt auch die EZB höhere Zinsen für ihr Geld erhält. Der Vorteil für die Allgemeinheit besteht darin, dass mit einer kleinen Gewinnmarge das Kreditausfallrisiko von Staatsanleihen zumindest teilweise auf die Geschäftsbanken abgewälzt wird.
Am 15. Oktober 2008 erfolgte dann eine Veränderung der Geschäftspraxis zum einseitigen Vorteil der Geschäftsbanken. Seit dem verleiht die EZB das Geld zum Leitzins und die Zuteilung von Geldern erfolgt im prozentualen Verhältnis zu der von den Geschäftsbanken angefragten Kreditmenge. Außerdem wurde für ein Kreditvolumen von gut 1 Billion Euro auf drei Jahre Laufzeit von der standardisierten 1 Wochen-Kredit-Laufzeit abgewichen. Das bedeutet, dass wenn sich eine Geschäftsbank das Geld für derzeit 0,75 % ausleiht und es dann zu 5% oder mehr in etwas wackelige europäische Staatsanleihen investiert, dann kann die gleiche Bank diese Papiere als Sicherheit bei der EZB einreichen und sich wiederum für 0,75 % weiteres Geld ausleihen.
Das ist ein finanzielles Perpetuum Mobile mit Profit und ohne Risiko. Platzt die Kreditblase dann kann die Geschäftsbank ja sagen: “Bitteschön, zieht die gegebenen Sicherheiten ein. Wir sind nicht in der Lage das Bargeld aufzubringen.“ Ergo trägt das Risiko die EZB, also die StaatsbürgerInnen der Euro-Zone. Das ist nicht hinnehmbar!
Fazit
Die Umsetzung dieser Forderungen würde den Kritikern des jetzigen Finanzsystems eine Menge Wind aus den Segeln nehmen und den BürgerInnen viel verlorenes Vertrauen zurückgeben.