20.11.2012
Geld regiert die Welt:
Systemverändernde Paradoxien des Neoliberalismus
Wenn Sie glauben, eine Steuererklärung passe auf einen Bierdeckel, dann vergleichen auch Sie die öffentlichen Haushalte mit dem Küchenkabinett einer schwäbischen Hausfrau. Im Privathaushalt sind die Einnahmen unabhängig von den Ausgaben. Beim Staat bedingen sich Einnahmen und Ausgaben gegenseitig. Kraft einbrechender Konjunktur im Euro-Krisenraum, schrumpfen die Einnahmen – das Haushaltsdefizit steigt, obgleich der Staat nicht mehr ausgibt!
Reagiert eine Regierung zusätzlich mit Einsparungen, würgt sie die Konjunktur weiter ab. Diese Vorgehensweise resultiert in dem Paradox verstärkt steigender statt fallender Haushaltsdefzite, etwa aufgrund fortgesetzt sinkender Steuereinnahmen, selbst bei verringerten, jedoch unabdingbarer Staatsausgaben.
Nun führen wir uns besagte Hausfrau wahlweise als „Eiserne Lady“ oder Verfechterin einer „marktkonformen Demokratie“, resp. „alternativlosen Politik“ vor Augen. Die eine hatte sich den Wirtschaftsteil von führenden Neoliberalisten in ihr Regierungsprogramm diktieren lassen. Die andere folgt maßgeblich den Einflüsterungen elitärer Experten für Geldschöpfung, Glücksspiel, Geldwäsche, Kreditbetrug, Zinsmanipulation, Spekulation mit Lebensmitteln, Insolvenzverschleppung u.v.a., vulgo des Finanzkapitals.
Hintergrund
Inzwischen schreiben wir das 4. Jahrzehnt staatlicher Deregulierungen der Arbeitsmärkte, der Demokratie, insbes. der sog. Finanzwirtschaft. Und wir befinden uns m 5.Jahr einer sog. Banken- und Staatsschuldenkrise von historischem Ausmaß, u. a. weil global. Die sog. Rettungsmaßnahmen schichten das wirtschaftliche, politische und soziale Gefüge unumkehrbar um, gerade im Euroraum. Die Banken erpressen ihre Staaten „wir sind systemrelevant, rettet uns!“ und Euch als politische Klasse. Die Staaten ihrerseits erpressen sich untereinander. Nach flächendeckender Unterwanderung des ökonomischen Unterbaus befindet sich das neoliberale Projekt qua Inkaufnahme der Krise, aktuell vermittels derselben, im Stadium der Vollendung. Willkommen im Zeitalter der PostDemokratie...
Die Epoche gefasst in Zahlen von McKinsey: Weltweit summieren sich Aktien, Anleihen und Kredite auf 212 Billionen US-Dollar (USD). Das Volumen außerbörslich gehandelter, also noch geringer kontrollierter Finanzderivate, belief sich 2011 auf 601 Bio. USD, die Umsatzmenge sämtlicher Devisengeschäfte fürs gleiche Kalenderjahr auf 955 Bio. USD. Diesen Geldströmen gegenüber stehen 65 Bio. USD Bruttosozialprodukt.
Wem gehört was?
Der diesjährige Armutsbericht im Auftrag der Bundesregierung belegt unmissverständlich, die Armen werden ärmer und mehr, die Reichen werden reicher und ebenfalls mehr. Regierungsamtlich beschönigend: Die Deutschen werden reicher! Soweit die gute Nachricht. Die reichsten 10% der Bevölkerung verfügen über zwei Drittel aller Vermögen. Die schlechte: Die Hälfte aller Deutschen verfügt über ein Nettovermögen von NULL.
Die Besitz-Analyse erkennt insgesamt vier Bereiche volkswirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Ungleichverteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Die Primärverteilung zwischen Arbeit und Kapital bewirkt infolge der neoliberalen „Agenda-2010-Politik“ ein Absinken der verfügbaren Realeinkommen um 10% in den unteren Lohngruppen. Dies erzeugt eine Vereinnahmung des gesamten Zuwachses an Gütern und Dienstleistungen aus dem Anstieg der Arbeitsproduktivität/des Wirtschaftswachstums durch Unternehmen und BesitzerInnen von Vermögen. Selbst im Boomjahr 2011 büßten die Reallöhne weiterhin ein. Der Vorstandsvorsitzende eines DAX- Unternehmens „verdiente“ 2010 das 250-fache einfacher Angestellter. 1990 betrug besagte Spreizung erst das 60-fache.
Vermittels der sekundären Verteilung behaupten Staat und Politik Fehlentwicklungen der Einkommensverteilung durch Steuerpolitik und direkte Transfers zu korrigieren. Tatsächlich fusioniert die öffentliche Hand mit der „unsichtbaren Hand“ des Marktes. Seit 1960 belasten Steuern zunehmend Arbeit und Verbrauch, entlasten Gewinne und Vermögen. Ein geschätztes Totschlagargument verweist auf die Entrichtung von annähernd ¾ der Lohn- und Einkommenssteuern durch die Begüterten. Inzwischen machen diese gerade einmal 29% des gesamten Steueraufkommens aus. Die sukzessiv erhöhten Verbrauchs-steuern jedoch gut 40%. Normalverdiener und Prekariat entrichten wohl oder übel einen wesentlich höheren Prozentsatz ihres Einkommens an Verbrauchssteuern als Reiche, die lediglich einen Bruchteil ihres Einkommens verkonsumieren.
Angekommen in der dritten Verteilungsrunde bewegt man sich inmitten intransparenter Gefilde der Banken- und Finanzwirtschaft, illustrer GesellInnen, halb Mensch, halb Tier, mal Roßtäuscher, mal Heuschrecke. Versuchshalber und nur virtuell empfehlen wir Ihnen den Erwerb von Staatsanleihen und damit den Eintritt in die vierte, subtilste, zugleich brutalste Verteilungsrunde. Wechselweise Kreditierungen und Refinanzierungen zwischen Staaten und Finanzwirtschaft, inflationäre Rettungsprogramme, eine sagenumwobene Geldschöpfung durch Geschäftsbanken gewährleisten die galoppierende Ausplünderung öffentlicher Kassen, Renditegarantien zugunsten GroßgläubigerInnen, wie ihrer politischen Günstlinge.
Ein Trojanisches Pferd
Der heutige Präsident der EZB, Mario Draghi, steuerte als vormals Verantwortlicher von Goldman Sachs die nötigen Bilanzfälschungen zum Beitritt Griechenlands in die Eurozone. Der Zugriff der sog. Eliten und Leistungsträger Griechenlands auf beinahe grenzenlose Kredite zu niedrigen Zinsen nahm Fahrt auf, sehr zur Freude europäischer wie internationaler Akteure des Finanzsektors, erst recht der deutschen Exportwirtschaft. Heutzutage eignet sich Hellas zwangsläufig als Testgebiet zur brachialen Durchsetzung der neoliberalen Agenda. Die Troika (EZB, IWF und EU-Kommission) exekutiert Spar- und Armutspolitik, drakonische Lohnsenkungen, Kürzungen bei Renten und Sozialleistungen, Massenentlassungen, Ausverkauf staatlichen Eigentums, den Zusammenbruch öffentlicher Wohlfahrt, treibt ein ganzes Volk in die Verzweiflung. Jene die tapfer Widerstand leisten, liefern ungewollt wichtige Erkenntnisse zur Aufstandsbekämpfung. Griechenland, vormals Mutterland der Demokratie, dereinst Beispiel gebendes Exportland totalitärer Staatsmodelle für neoliberale Regime in ganz Europa. Die neuzeitlichen Drohnen ersetzen das einstige Damoklesschwert.
Ach ja, wie läuft´s derweil mit Ihren, sagen wir griechischen, Staats-anleihen? Nun, europäische Geschäftsbanken kaufen dieselben auf dem Primärmarkt, ergo direkt vom griechischen Staat. Die Kreditinstitute hinterlegen diese Papiere bei der EZB. Dafür erhalten sie Notenbank-kredite, mit denen sie potentiell auch neue Anleihen erwerben könnten. Fände sich der Staat zur Tilgung außerstande, da er wegen vorheriger Rettung eben dieser Banken und nichtsdestotrotz allfälliger Ausgaben pleite daher kommt, müßte die EZB ihre Forderungen abschreiben. Ein Kreditausfall der obersten Währungsbehörde machte die marode Basis des grundsätzlich fehlkonstruierten Projektes Euro augenfällig, wäre der Anfang vom Ende. Zur Vermeidung dieses Szenarios stellt die EZB zusätz-liche, ELA (Emergency Liquidity Assistance) genannte Notkredite bereit, wohl wissend, die längst maroden Banken werfen den maroden Staaten nicht auch noch gutes Notenbankgeld hinterher. Deshalb schafft die EZB zusätzliche Anreize. Für ELA akzeptiert sie schlechte, nachgerade toxische Papiere. Räumen die Privatbanken solcherart Schrott aus ihren Beständen, fragen sie auch bereitwillig weitere Staatsanleihen nach. Dadurch vermag der Staat seine fälligen Anleihen tilgen, er löst alte Schulden ab durch Aufnahme neuer. Die Privatbanken begleichen ihre Schulden bei der EZB, die beteiligten Akteure sind zufrieden, zumindest vorderhand. Die Banken rechnen so: Wenngleich höhere Zinsen für ELA, „Kreisen zufolge“ 1,5 % (FR vom 31.11.2012), warfen die aktuell fälligen, griechischen Dreimonatspapiere doch 4,25% ab, ergibt stattliche 2,75% Rendite.
Wohlgemerkt erörtern wir an dieser Stelle keineswegs die fortwährenden Verteilungsfunktionen der Rettungsschirme (ESM u.a.) die Geldschöpfung, ebenso nicht die scheinbar mirakulös zustande gekommene Forderung der Bundesbank an die EZB in Höhe von gegenwärtig 720 Milliarden Euro im Rahmen des eigentlich erhebliche Aufmerksamkeit verdienenden „Target II Systems“ eine. Auch nicht deren Interagieren mit dem von uns vorgestellten Modell der Refinanzierung privater Institute und öffent-licher Institutionen. Prototypisch gerät es dennoch aus der Perspektive der Umverteilung: Via EZB erfolgt die Bereitstellung öffentlicher europäischer Gelder an private Banken zwecks Kreditvergabe an notleidende Staaten, worauf diese ihre Schulden aus den nationalen Haushalten bedienen. Die Banken, Schuldner wie Gläubiger in einem, werden vordergründig saniert, verbuchen weiterhin stattliche Zins- sowie weitere Gewinne dank Aufrechterhaltung ihres Geschäftsmodells. Die Gläubiger der Banken lassen sich mit satten Zinszahlungen befriedigen und teilen sich die Spekulationsgewinne mit ihren Statthaltern im Finanzcasino. Öffentliche, sprich Steuergelder verwandeln sich solchermaßen in Spekulationskapital, schließlich in permanente öffentliche Schulden, tendenziell in Schuldknechtschaft, letztendlich in private Renditen. Neben dieser Umverteilung nationalen Reichtums, mithin des Eigentums der jeweiligen Völker, des nominellen Souveräns, einschließlich einer konkreteren Vorstellung, wie diese gigantischen Summen zustande kommen, samt der Folgen, passieren „unter der Hand“ weitere Umverteilungen. Längst verkommen die Notenbanken zu Bad Banks durch die beschriebene Entgegennahme privater Ladenhüter. Geradezu selbstverständlich übernehmen sie Risiko und Haftung, bar jeglicher demokratischer Legitimation.
Fazit
Angesichts der hiermit zuhauf aufgerufenen, kaum beantworteten Sachverhalte zeigt sich ganz klar, dass eine Änderung unseres Geld- und Finanzsystems nötig ist um nicht den nachfolgenden Generationen einen irreparablen Scherbenhaufen zu hinterlassen
Hinweis
Dieses ist der zweite Teil unserer vierteiligen Studienreihe zum Gegenprogramm der 15. EURO FINANCE WEEK.
Geld regiert die Welt:
Systemverändernde Paradoxien des Neoliberalismus
Wenn Sie glauben, eine Steuererklärung passe auf einen Bierdeckel, dann vergleichen auch Sie die öffentlichen Haushalte mit dem Küchenkabinett einer schwäbischen Hausfrau. Im Privathaushalt sind die Einnahmen unabhängig von den Ausgaben. Beim Staat bedingen sich Einnahmen und Ausgaben gegenseitig. Kraft einbrechender Konjunktur im Euro-Krisenraum, schrumpfen die Einnahmen – das Haushaltsdefizit steigt, obgleich der Staat nicht mehr ausgibt!
Reagiert eine Regierung zusätzlich mit Einsparungen, würgt sie die Konjunktur weiter ab. Diese Vorgehensweise resultiert in dem Paradox verstärkt steigender statt fallender Haushaltsdefzite, etwa aufgrund fortgesetzt sinkender Steuereinnahmen, selbst bei verringerten, jedoch unabdingbarer Staatsausgaben.
Nun führen wir uns besagte Hausfrau wahlweise als „Eiserne Lady“ oder Verfechterin einer „marktkonformen Demokratie“, resp. „alternativlosen Politik“ vor Augen. Die eine hatte sich den Wirtschaftsteil von führenden Neoliberalisten in ihr Regierungsprogramm diktieren lassen. Die andere folgt maßgeblich den Einflüsterungen elitärer Experten für Geldschöpfung, Glücksspiel, Geldwäsche, Kreditbetrug, Zinsmanipulation, Spekulation mit Lebensmitteln, Insolvenzverschleppung u.v.a., vulgo des Finanzkapitals.
Hintergrund
Inzwischen schreiben wir das 4. Jahrzehnt staatlicher Deregulierungen der Arbeitsmärkte, der Demokratie, insbes. der sog. Finanzwirtschaft. Und wir befinden uns m 5.Jahr einer sog. Banken- und Staatsschuldenkrise von historischem Ausmaß, u. a. weil global. Die sog. Rettungsmaßnahmen schichten das wirtschaftliche, politische und soziale Gefüge unumkehrbar um, gerade im Euroraum. Die Banken erpressen ihre Staaten „wir sind systemrelevant, rettet uns!“ und Euch als politische Klasse. Die Staaten ihrerseits erpressen sich untereinander. Nach flächendeckender Unterwanderung des ökonomischen Unterbaus befindet sich das neoliberale Projekt qua Inkaufnahme der Krise, aktuell vermittels derselben, im Stadium der Vollendung. Willkommen im Zeitalter der PostDemokratie...
Die Epoche gefasst in Zahlen von McKinsey: Weltweit summieren sich Aktien, Anleihen und Kredite auf 212 Billionen US-Dollar (USD). Das Volumen außerbörslich gehandelter, also noch geringer kontrollierter Finanzderivate, belief sich 2011 auf 601 Bio. USD, die Umsatzmenge sämtlicher Devisengeschäfte fürs gleiche Kalenderjahr auf 955 Bio. USD. Diesen Geldströmen gegenüber stehen 65 Bio. USD Bruttosozialprodukt.
Wem gehört was?
Der diesjährige Armutsbericht im Auftrag der Bundesregierung belegt unmissverständlich, die Armen werden ärmer und mehr, die Reichen werden reicher und ebenfalls mehr. Regierungsamtlich beschönigend: Die Deutschen werden reicher! Soweit die gute Nachricht. Die reichsten 10% der Bevölkerung verfügen über zwei Drittel aller Vermögen. Die schlechte: Die Hälfte aller Deutschen verfügt über ein Nettovermögen von NULL.
Die Besitz-Analyse erkennt insgesamt vier Bereiche volkswirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Ungleichverteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Die Primärverteilung zwischen Arbeit und Kapital bewirkt infolge der neoliberalen „Agenda-2010-Politik“ ein Absinken der verfügbaren Realeinkommen um 10% in den unteren Lohngruppen. Dies erzeugt eine Vereinnahmung des gesamten Zuwachses an Gütern und Dienstleistungen aus dem Anstieg der Arbeitsproduktivität/des Wirtschaftswachstums durch Unternehmen und BesitzerInnen von Vermögen. Selbst im Boomjahr 2011 büßten die Reallöhne weiterhin ein. Der Vorstandsvorsitzende eines DAX- Unternehmens „verdiente“ 2010 das 250-fache einfacher Angestellter. 1990 betrug besagte Spreizung erst das 60-fache.
Vermittels der sekundären Verteilung behaupten Staat und Politik Fehlentwicklungen der Einkommensverteilung durch Steuerpolitik und direkte Transfers zu korrigieren. Tatsächlich fusioniert die öffentliche Hand mit der „unsichtbaren Hand“ des Marktes. Seit 1960 belasten Steuern zunehmend Arbeit und Verbrauch, entlasten Gewinne und Vermögen. Ein geschätztes Totschlagargument verweist auf die Entrichtung von annähernd ¾ der Lohn- und Einkommenssteuern durch die Begüterten. Inzwischen machen diese gerade einmal 29% des gesamten Steueraufkommens aus. Die sukzessiv erhöhten Verbrauchs-steuern jedoch gut 40%. Normalverdiener und Prekariat entrichten wohl oder übel einen wesentlich höheren Prozentsatz ihres Einkommens an Verbrauchssteuern als Reiche, die lediglich einen Bruchteil ihres Einkommens verkonsumieren.
Angekommen in der dritten Verteilungsrunde bewegt man sich inmitten intransparenter Gefilde der Banken- und Finanzwirtschaft, illustrer GesellInnen, halb Mensch, halb Tier, mal Roßtäuscher, mal Heuschrecke. Versuchshalber und nur virtuell empfehlen wir Ihnen den Erwerb von Staatsanleihen und damit den Eintritt in die vierte, subtilste, zugleich brutalste Verteilungsrunde. Wechselweise Kreditierungen und Refinanzierungen zwischen Staaten und Finanzwirtschaft, inflationäre Rettungsprogramme, eine sagenumwobene Geldschöpfung durch Geschäftsbanken gewährleisten die galoppierende Ausplünderung öffentlicher Kassen, Renditegarantien zugunsten GroßgläubigerInnen, wie ihrer politischen Günstlinge.
Ein Trojanisches Pferd
Der heutige Präsident der EZB, Mario Draghi, steuerte als vormals Verantwortlicher von Goldman Sachs die nötigen Bilanzfälschungen zum Beitritt Griechenlands in die Eurozone. Der Zugriff der sog. Eliten und Leistungsträger Griechenlands auf beinahe grenzenlose Kredite zu niedrigen Zinsen nahm Fahrt auf, sehr zur Freude europäischer wie internationaler Akteure des Finanzsektors, erst recht der deutschen Exportwirtschaft. Heutzutage eignet sich Hellas zwangsläufig als Testgebiet zur brachialen Durchsetzung der neoliberalen Agenda. Die Troika (EZB, IWF und EU-Kommission) exekutiert Spar- und Armutspolitik, drakonische Lohnsenkungen, Kürzungen bei Renten und Sozialleistungen, Massenentlassungen, Ausverkauf staatlichen Eigentums, den Zusammenbruch öffentlicher Wohlfahrt, treibt ein ganzes Volk in die Verzweiflung. Jene die tapfer Widerstand leisten, liefern ungewollt wichtige Erkenntnisse zur Aufstandsbekämpfung. Griechenland, vormals Mutterland der Demokratie, dereinst Beispiel gebendes Exportland totalitärer Staatsmodelle für neoliberale Regime in ganz Europa. Die neuzeitlichen Drohnen ersetzen das einstige Damoklesschwert.
Ach ja, wie läuft´s derweil mit Ihren, sagen wir griechischen, Staats-anleihen? Nun, europäische Geschäftsbanken kaufen dieselben auf dem Primärmarkt, ergo direkt vom griechischen Staat. Die Kreditinstitute hinterlegen diese Papiere bei der EZB. Dafür erhalten sie Notenbank-kredite, mit denen sie potentiell auch neue Anleihen erwerben könnten. Fände sich der Staat zur Tilgung außerstande, da er wegen vorheriger Rettung eben dieser Banken und nichtsdestotrotz allfälliger Ausgaben pleite daher kommt, müßte die EZB ihre Forderungen abschreiben. Ein Kreditausfall der obersten Währungsbehörde machte die marode Basis des grundsätzlich fehlkonstruierten Projektes Euro augenfällig, wäre der Anfang vom Ende. Zur Vermeidung dieses Szenarios stellt die EZB zusätz-liche, ELA (Emergency Liquidity Assistance) genannte Notkredite bereit, wohl wissend, die längst maroden Banken werfen den maroden Staaten nicht auch noch gutes Notenbankgeld hinterher. Deshalb schafft die EZB zusätzliche Anreize. Für ELA akzeptiert sie schlechte, nachgerade toxische Papiere. Räumen die Privatbanken solcherart Schrott aus ihren Beständen, fragen sie auch bereitwillig weitere Staatsanleihen nach. Dadurch vermag der Staat seine fälligen Anleihen tilgen, er löst alte Schulden ab durch Aufnahme neuer. Die Privatbanken begleichen ihre Schulden bei der EZB, die beteiligten Akteure sind zufrieden, zumindest vorderhand. Die Banken rechnen so: Wenngleich höhere Zinsen für ELA, „Kreisen zufolge“ 1,5 % (FR vom 31.11.2012), warfen die aktuell fälligen, griechischen Dreimonatspapiere doch 4,25% ab, ergibt stattliche 2,75% Rendite.
Wohlgemerkt erörtern wir an dieser Stelle keineswegs die fortwährenden Verteilungsfunktionen der Rettungsschirme (ESM u.a.) die Geldschöpfung, ebenso nicht die scheinbar mirakulös zustande gekommene Forderung der Bundesbank an die EZB in Höhe von gegenwärtig 720 Milliarden Euro im Rahmen des eigentlich erhebliche Aufmerksamkeit verdienenden „Target II Systems“ eine. Auch nicht deren Interagieren mit dem von uns vorgestellten Modell der Refinanzierung privater Institute und öffent-licher Institutionen. Prototypisch gerät es dennoch aus der Perspektive der Umverteilung: Via EZB erfolgt die Bereitstellung öffentlicher europäischer Gelder an private Banken zwecks Kreditvergabe an notleidende Staaten, worauf diese ihre Schulden aus den nationalen Haushalten bedienen. Die Banken, Schuldner wie Gläubiger in einem, werden vordergründig saniert, verbuchen weiterhin stattliche Zins- sowie weitere Gewinne dank Aufrechterhaltung ihres Geschäftsmodells. Die Gläubiger der Banken lassen sich mit satten Zinszahlungen befriedigen und teilen sich die Spekulationsgewinne mit ihren Statthaltern im Finanzcasino. Öffentliche, sprich Steuergelder verwandeln sich solchermaßen in Spekulationskapital, schließlich in permanente öffentliche Schulden, tendenziell in Schuldknechtschaft, letztendlich in private Renditen. Neben dieser Umverteilung nationalen Reichtums, mithin des Eigentums der jeweiligen Völker, des nominellen Souveräns, einschließlich einer konkreteren Vorstellung, wie diese gigantischen Summen zustande kommen, samt der Folgen, passieren „unter der Hand“ weitere Umverteilungen. Längst verkommen die Notenbanken zu Bad Banks durch die beschriebene Entgegennahme privater Ladenhüter. Geradezu selbstverständlich übernehmen sie Risiko und Haftung, bar jeglicher demokratischer Legitimation.
Fazit
Angesichts der hiermit zuhauf aufgerufenen, kaum beantworteten Sachverhalte zeigt sich ganz klar, dass eine Änderung unseres Geld- und Finanzsystems nötig ist um nicht den nachfolgenden Generationen einen irreparablen Scherbenhaufen zu hinterlassen
Hinweis
Dieses ist der zweite Teil unserer vierteiligen Studienreihe zum Gegenprogramm der 15. EURO FINANCE WEEK.